Anpassungen
von Elaine, über Leben, Selbstfürsorge
Sicher bin ich nicht der einzige Mensch, dem dieses Jahr einiges über den Haufen geworfen wurde. 2020 war und ist nicht so wie erwartet. Wir alle wissen warum. Der Grund ist so omnipräsent, dass wir seiner vermutlich fast alle irgend auf eine Weise müde geworden sind.
Die Auswirkungen dieses kleinen Virus waren im Frühling sehr einschneidend, dann schien sich die Lage wieder etwas zu normalisieren. Und ich ging eigentlich davon aus, dass sich für mich grundlegend nicht viel ändern würde. Denn ich war dankbar für meine sichere Stelle und soweit zufrieden damit, wie ich mein Leben eingerichtet hatte. Zumindest in den Zeiten, in denen alles normal funktionierte.
Die Sache ist die: richtig normal wurde es danach nicht mehr. Meine Arbeit verlor an Abwechslung. Sehr viele Kontakte vor Ort mit Menschen fielen weg. Die Digitalisierung trug einen weiteren Teil dazu bei, dass mir gewisse Aufgaben abgenommen wurden. Im Sommer schrieb ich bereits hier darüber, dass ich offener wurde für Veränderungen. Zuerst mal in der Theorie. Das ging schleichend weiter, bis es immer konkreter wurde. Ich begann in Betracht zu ziehen, etwas anderes zu suchen. Schaute mich auch um. Aber nicht nur das: plötzlich konnte ich mir vorstellen, mein Leben etwas mutiger zu leben.
Ein weiteres kleines Puzzleteilchen war die Veränderung in der Beziehung zu meiner Chefin. Sieben Jahre lang hatte ich immer zu ihr gehalten und, wie eine ehemalige Arbeitskollegin sagt, “alles für sie gegeben”. Wir standen herausfordernde und mühsame Zeiten zusammen durch und hatten immer ein gutes Verhältnis. Ihr ahnt es wohl: das blieb nicht so. Dieses Jahr konnte ich immer öfter nicht mehr hinter dem stehen, was sie sagte und tat. Damit kann man leben, aber meine Bindung an den Job war sicherlich viel weniger eng. Die Motivation nahm ab.
Es kamen andere Faktoren hinzu: Ich merkte, dass ich meinem zweiten Standbein mehr Gewicht geben, ihm mehr Zeit widmen wollte. Ich entwickelte zum Beispiel Ideen, aber mir fehlte dann die Kapazität, sie umzusetzen.
Dann wurde es schlimmer mit den Schlafproblemen. Ich sträubte mich dagegen, mehr Medikamente zu nehmen, aber es liess sich nicht vermeiden. Meine Verdauung spielte verrückt. Und dazu kam dann auch noch ein juckender Hautausschlag. Meine Psychologin meinte, eigentlich sei es doch ein Segen, wenn der Körper einem so deutlich sagt, dass die Lebensumstände ihm nicht passen.
Es dauerte eine Weile, bis ich innerlich soweit war. Aber nun ist es getan: ich habe gekündigt. Und ich freue mich auf mein Sabbatical. Mein Mann und ich haben dafür schon länger Geld beiseite gelegt. Eigentlich nicht für jetzt, sondern für in ein paar Jahren. Der Schatz will daher im Moment weiterarbeiten. Was vom finanziellen Aspekt her betrachtet sicher nicht schlecht ist. Aber Sorgen machen müssen wir uns im Moment nicht. Im Grunde sind es also ideale Voraussetzungen :-).
Ich möchte mal eine Weile lang einfach sein. Durchatmen. Viel spazieren gehen. Mit dem E-Bike über die Hügel flitzen. Im Garten wühlen. Vielleicht mal wieder einen Töpferkurs besuchen. Und wenn die Verdauung mitmacht, laufen gehen. Schauen, ob ich wieder besser schlafe bzw. ohne tägliche Medikamente schlafen kann. Ach, was wäre das schön! Je nachdem versuche ich, mein zweites Standbein etwas voranzubringen. Aber ich mache mir da keinen Druck. Es kann gut sein, dass ich mir nach ein paar Monaten wieder eine Anstellung suche. Vielleicht mache ich danach etwas ganz anderes als bisher. Ich bin da völlig offen.
Ich weiss, das ist mutig. Besonders in der heutigen Zeit. Ich bin durch alle Gefühle gegangen: Im letzten Halbjahr immer mal wieder Wut über das Verhalten meiner Chefin. In den letzten Wochen war da auch Trauer darüber, dass die Stelle nicht mehr das für mich ist, was sie mal war. Und natürlich Angst davor, dass ich einen grossen Fehler mache und nie mehr eine spannende Stelle finde. Angst bedeutet Grenze, sie bedeutet, dass etwas Neues, Unbekanntes kommt. Aber ich möchte als alte Frau gerne zurückblicken und sagen können, dass ich Dinge ausprobiert habe und offen war für Veränderungen. Ich fände es schlimmer, aus Angst ein unzufriedenes Leben zu führen, als etwas zu wagen und möglicherweise daran zu scheitern.
Das wären sie, meine Neuigkeiten. Abgesehen davon geht es mir eigentlich sehr gut :-). Ich hatte jetzt im Oktober eine leichte Erkältung, wurde negativ auf Covid getestet und musste danach auch noch in Quarantäne, weil wir einige Tage davor einen möglicherweise ansteckenden Besuch gehabt hatten. Es sind verrückte Zeiten. Ich versuche gut zu mir zu schauen. Weil die Umstände durchaus belasten können. Dabei helfen mir meine bewährten Selbstfürsorgemassnahmen. Zu dem Thema habe ich auf diesem Blog allerdings schon viel geschrieben; ich erspare Euch also die Details ;-).
Wie geht es Euch gerade so?
Foto: Elaine
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