Beim Coiffeur
von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Gesellschaft, Tabu
Vor ein paar Wochen ging ich zum Coiffeur. Die junge Frau, die mir das Haar schneidet, ist sympathisch. Ich fühle mich wohl bei ihr. Manchmal reden wir, aber oft schweigen wir auch. Und das gefällt mir.
Letztes Mal redeten wir ein bisschen mehr als sonst. Sie erzählte, dass sie oft ihr Patenkind hütet. Ich erzählte ihr von meinen Neffen. Und dann fragte sie: Und Ihr habt selber noch keine Kinder? Ich antwortete: Nein. Wir können keine bekommen, daher wird es auch keine geben.
Wir hatten beide Glück, weil dann nämlich genau das Telefon klingelte. So musste sie mir nicht antworten, und ich musste nicht mit einer unbeholfenen oder verletzenden Antwort klar kommen. Die Coiffeuse vereinbarte einen Termin mit der Kundin, die angerufen hatte, und kam zurück. Dann redeten wir über andere Dinge.
Mein Puls war noch ein paar Minuten etwas höher als sonst, aber bald konnte ich mich wieder entspannen. Als ich den Salon verliess, ging mir dieser kurze Wortwechsel noch ein wenig nach. Aber dann war es gut.
Ich bin dankbar. Weil ich jetzt die Kraft habe zu sagen, dass ich keine Kinder habe, und dass ich keine haben kann. Vor einem halben Jahr wäre ich da wohl noch in meine Einzelteile zerfallen.
Foto: Elaine
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