Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Sonntag

26

Juni 2016

Das Schwierigste

von Elaine, über Gesellschaft, Ungewollte Kinderlosigkeit, Tabu, Isolation

Wenn man mich fragen würde, was das Schwierigste an meiner Kinderlosigkeit ist, würde ich sagen: die Gesellschaft. Die Tatsache, dass wir Kinderlosen einer Minderheit angehören. Und dass die ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabu ist.

Ich habe mir schon überlegt, ob ich die Kinderlosigkeit leichter ertragen könnte, wenn ich noch zehn Jahre jünger wäre. Vermutlich nicht. Trotzdem frage ich mich, wie es wäre, wenn nicht alle um mich herum Kinder hätten. Wenn da noch andere Paare wären ohne Kinder. Es würde die Freizeitgestaltung so viel einfacher machen. Man könnte planen und leben wie vor dem Kinderwunsch. Jetzt ist das unmöglich. Der Zeitplan einer Mutter (und meine Freundinnen sind alle Mütter) ist ganz anders als derjenige einer kinderlosen Frau, die arbeitet. Wenn ich Feierabend habe, beginnt bei der Mutter der anstrengendste Teil des Tages. Da kann ich nicht mit ihr telefonieren. Ich bin auch kaum noch abends mit Leuten verabredet. Familienbesuche macht man während des Tages. Auf das Mittagessen. Oder auf den Nachmittagskaffee. Das Abendessen ist schon weniger günstig, weil die Kinder dann oft müde sind. Es ist nicht meine eigene Kinderlosigkeit, die mir das Leben so schwer macht. Oder nicht nur. Es ist vor allem auch die Tatsache, dass fast alle anderen Kinder haben. Ich kann mich dem schon auch ein wenig anpassen. Aber eben nur zum Teil. An den meisten Nachmittagen kann ich mich schlecht mit einer Mutter an den Sandkasten setzen. Weil, naja, ich arbeite.

Mein Umfeld ist so, wie es ist. Was ich ändern kann, ist höchstens die Sache mit dem Tabu. Da fange ich allerdings sehr klein an. Indem ich im direkten Kontakt mit Menschen nicht verschweige, dass ich ungewollt kinderlos bin. Und indem ich hier darüber schreibe.

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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