Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Montag

15

Oktober 2018

Der uneindeutige Verlust

von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Trauer, Gesellschaft, Isolation

Ich habe es bereits erwähnt: diesen Frühling ist unerwartet ein lieber Freund verstorben. Dies war für alle ein grosser Schock, auch für mich.

Es war (und ist) rührend zu sehen, wie sehr sich Freunde und Verwandte um die hinterbliebene Witwe kümmern. Sie hat wohl hunderte von Trauerkarten erhalten. Und nicht wenige Blumen. Sie wurde gefragt, ob man für sie einkaufen solle. Ob sie einen Spaziergang machen möchte. Ob man sie irgendwo hinfahren könne. Die Hilfsbereitschaft war so gross, dass sie zwischendurch Nein sagen musste, weil sie Zeit für sich alleine benötigte.

Ich finde das wunderschön. Und gleichzeitig ist es genau das, was mir persönlich in meiner Trauer um meine nie geborenen Kinder gefehlt hat. Niemand rief an und bot mir seine Hilfe an beim Einkaufen. Ich erhielt eine einzige Karte. Niemand wollte für mich kochen. Oder mich irgendwo hinfahren. Es wussten ja nur ganz wenige, wie es mir wirklich ging: meine Familie und meine besten Freunde. Und selbst die hatten keine Ahnung, wie sie sich verhalten sollten. Auf die Idee, dass diese Situation in die Kategorie “Trauer” gehört, kamen sie nicht. Meine Eltern und Schwiegereltern kümmerten sich vielleicht ein bisschen mehr um uns, als sie es sonst getan hätten. Versuchten uns zuzuhören, so gut sie eben konnten. Aber das war’s dann auch.

Es ist sehr schlimm, seinen geliebten Ehemann zu verlieren. Keine Frage. Ich denke, in diesem Moment ist man ein Stück weit auf ein wohlwollendes und mittragendes Umfeld angewiesen. Sehr stark sogar. Ich spürte bei der Witwe dieses Freundes eine grosse Hilflosigkeit, obwohl sie für mich immer eine starke Frau gewesen war. Und doch. Ein klein bisschen von dem, was man ihr angeboten hat und jetzt immer noch bietet, hätte ich damals auch gebrauchen können. Dass meine Art der Trauer einen “uneindeutigen Verlust” betraf, hat mich um diese Unterstützung und dieses Mitgefühl gebracht.

Heute geht es mir gut. Aber ich denke doch, dass das Trauern ein Stück leichter gewesen wäre, hätte ich es nicht ganz so alleine tun müssen.

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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