Die Tür ist zu
von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Heilsam, Selbstfürsorge
Am Ende der Kinderwunschbehandlung wurde mir gesagt, dass ich aus gesundheitlichen Gründen mit der Einnahme der Pille beginnen müsste. Aus dem Wonderland wusste ich, dass auch manche Psychologen es als sinnvoll erachten zu verhüten, damit man konsequent vom Kinderwunsch Abschied nehmen kann. Sie sind der Meinung, dass ansonsten die Tür einen Spalt breit offenbleibt (bildlich gesprochen), durch den sich die Hoffnung immer wieder zurückschleicht, was den Abschied schwieriger macht.
Ich las das, und ich konnte es nachvollziehen. Ich verstand auch, warum die Ärzte mir die Pille verschreiben wollten. Zumindest mit dem Kopf ;-). Aber mein Herz kam da nicht mit. Gesundheitlich war der Leidensdruck für mich nicht gross genug, erstens schon wieder künstliche Hormone zu nehmen und zweitens diesen Kindern, die ich immer noch so sehr wollte, einfach ganz die Tür vor der Nase zuzuknallen, wo ich doch so viel dafür getan hatte, dass sie den Weg zu mir fanden! Es war schon schwer genug, mit der Behandlung aufzuhören in dem Sinne, dass ich wusste, dass meine Chancen auf eine Schwangerschaft danach praktisch gleich Null wären. Ganz gesund war ich schon nicht - ich hatte so meine Beschwerden. Aber mein Herz schmerzte weitaus mehr. Es brauchte Zeit. Ich wollte mich erst von der ganzen Behandlung erholen. Körperlich und psychisch. Denn ehrlich: diese hatte mich ganz schön geschlaucht!
Die Zeit verging. Ich trauerte. Nahm Abschied. Emotional ging es erst bergab, aber dann auch wieder kontinuierlich bergauf. Körperlich leider etwas weniger. Da waren die Schmerzen. Immer wieder und immer stärker. Ich liess mir ein Schmerzmittel verschreiben, das zuerst half, dann aber immer weniger. Ich wusste, dass ich damit eine Grenze erreicht hatte. Als ich bei der maximalen Dosis angelangt war und trotzdem mehrmals das ganze Wochenende gezwungenermassen auf dem Sofa verbracht hatte, reichte es mir. Ich wollte mein Leben zurück!
Meinem Mann gegenüber hatte ich bereits Anspielungen gemacht, dass ich mich irgendwann vielleicht wieder zur Einnahme von Hormonen durchringen müsste. Nach Abschluss der Kinderwunschbehandlung hatte ich keine grossen Hoffnungen mehr gehegt, dass es wider aller medizinischer Umstände auf natürlichem Wege nach all den Jahren doch noch klappen könnte. Da hatte mein Körper schon zu viel mitgemacht. Als die Schmerzen dann unerträglich wurden, war auch mein Mann damit einverstanden, dass ich etwas unternehme. Eine zweite Operation war keine Option, denn die erste hatte alles nur schlimmer gemacht. So kommt es, dass unsere Tür - der winzige Spalt Hoffnung - seit einer Weile ganz zu ist. Ich schlucke nun täglich mein Tablettchen. Natürlich habe ich so meine Nebenwirkungen. Und doch bin ich auch erleichtert. Weil jetzt alles klar ist. Ich habe selbst entschieden, dass ich mein Leben zurück will. Dass ich den Rest meines Lebens gestalte, ohne noch auf irgend ein unbewusstes Hintertürchen zu hoffen. Wenn ich zurückdenke, merke ich, dass es mir vielleicht genau seit dem Zeitpunkt so richtig gut geht.
Es waren Schritte, die ich nur nach und nach gehen konnte. Vor zwei Jahren hätte ich es nicht über mich gebracht, wieder zu Hormonen zu greifen. Das wäre meinem Innersten komplett zuwidergelaufen. Jetzt ist es anders. Ich habe lange genug gewartet. Getrauert. Abschied genommen. Und Schmerzen erduldet, die mir immer sinnloser schienen. Ich habe mein Leben wieder!
Wie ist das bei Euch mit der Tür?
Foto: Elaine
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