Dieser Sommer
von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Heilsam, Hoffnung
Hallo Ihr Lieben!
Da bin ich wieder… nach ein paar Wochen Blogabstinenz, die nicht Urlaub bedeuteten, sondern jede Menge Arbeit… aber dazu ein anderes Mal mehr!
Wie war er bisher so, Euer Sommer? Und wie mögt Ihr ihn denn gerne? Mögt Ihr es warm irgendwo im Süden? Oder bevorzugt Ihr wie ich ein Lüftchen und Temperaturen, bei denen man sich noch angenehm bewegen kann?
Ich bin mit dem diesjährigen Sommer eigentlich ganz zufrieden. Wir hatten viel gutes Wetter, ohne dass es für längere Zeit allzu heiss geworden wäre… was ich super finde, weil heiss ja schön ist im Urlaub, wenn man zwischendurch in einen Pool oder ins Meer tauchen kann, aber wenn man NICHT im Urlaub ist, eben auch ziemlich anstrengend ;-)!
So ganz habe ich diesen Blog hier am Ende doch nicht ignoriert. Hin und wieder habe ich vorbeigeschaut und Kommentare beantwortet. Ein bisschen verfolgte ich mit, was andere BloggerInnen so von sich hören liessen. Ich las zum Beispiel dieses Interview mit Franziska Ferber in den Stuttgarter Nachrichten. Aber das war’s dann auch schon. Ansonsten kümmerte ich mich… um ganz andere Dinge. Um das, was das Leben mir gerade so zuwarf an Herausforderungen und Schönem. Manches davon war anstrengend. Puh! Anderes war hingegen so wunderbar, dass es mich zu Tränen rührte. Und dazwischen konnte ich mir doch mal ein Stündchen stehlen, um am See zu sitzen, den Sprung ins kalte Nass zu wagen oder einfach die tiefen Türkistöne des Wassers auf mich wirken zu lassen.
Bei dieser Gelegenheit kamen mir ein paar Gedanken zum Thema Meilensteine. Lange fehlten mir ja diese Mutter- bzw. Kinder-Meilensteine im Leben ganz furchtbar, und ich ging davon aus, das würde immer so bleiben. Mein Leben fühlte sich so ereignislos an… kennt Ihr das? Die anderen erzählten aufgeregt und aufgewühlt von dieser Schwangerschaft, dieser Geburt, diesem Kind, das ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt hatte, und mein Leben… tja, das schien einfach so vor sich hinzuplätschern, ohne dass es da nach aussen so viel Erzählenswürdiges gegeben hätte. Ja, ich arbeitete immer noch am gleichen Ort. Ja, mein Mann auch. Kommt Euch das bekannt vor?
Das hat sich mittlerweile etwas verändert. Wenn ich an den Meilensteinen der anderen teilnehme, dann merke ich, dass diese auch ganz schön stressig sein können. Mir reichen die Kindergeburtstage meiner Patenkinder im Moment, wenn ich ehrlich bin. Und ich bin nur Patin ;-). Diese Geburtstage können es für eine Mutter ziemlich in sich haben! Kuchen backen, die Grosseltern und Paten einladen und irgendwann, wenn die Kinder grösser werden, vielleicht auch noch andere Kinder, gleichzeitig den Alltag reibungslos meistern und auch noch gute Laune haben dabei (schlechte Laune an einem Geburtstag?!? geht gaar nicht)… Wobei mir nur zu bewusst ist: diese Art von “Stress” hätten die meisten von uns nur zu gerne erlebt! Und doch weiss ich die Ruhe mittlerweile auch zu schätzen, weil sie mir hin und wieder auch sehr gelegen kommt. Übrigens ist mein jetziges Leben NICHT ohne Meilensteine, Neuanfänge und erste Male, vielleicht der anderen Art, aber trotzdem! Es gibt sie noch, die grossen Veränderungen, die vieles umkrempeln und Kraft brauchen, auch wenn sie positiv sind. Und dabei sind wir nicht alleine. Die Menschen um uns herum nehmen tatsächlich Anteil. Freuen sich mit uns. Helfen mit. Neue Lebensabschnitte werden durchaus angemessen gewürdigt. Was SEHR gut tut. Das hätte ich in der traurigen und schmerzvollen Zeit vor ein bis zwei Jahren noch nicht so vorhersehen können. Da fühlte ich mich irgendwie unsichtbar und auch ein wenig übergangen.
Ein Vorteil eines unverhofft kinderlosen Lebens ist es, noch viele Jahre vor sich zu haben, zu denen man sich Gedanken machen kann, wie man sie verbringen möchte. Gefällt mir meine Arbeit? Möchte ich bis zur Pensionierung so weitermachen? Oder ist mir klar, dass ich das auf keinen Fall will? Wer bin ich und wer möchte ich sein? Was sind meine Wünsche und Träume? Mal abgesehen von dem einen grossen Traum, der sehr schmerzhaft geplatzt ist und den ich erst betrauern und verabschieden musste…?
Vielleicht braucht es ein wenig Abstand um zu merken: hey, mein Leben ist nicht Meilenstein-los! Das war es nie, obwohl ich schon mein Leben lang kinderlos bin: Ich ging zur Schule, habe studiert, fand meine erste Arbeitsstelle, merkte, dass das nichts für mich ist, wechselte die Branche, heiratete, arbeitete für ein paar Jahre, wollte schwanger werden, sprich Kinderwunsch-Phase… während der Kinderwunschzeit erneut Branchenwechsel und auch ein grosser Wohnortwechsel (zum Glück, weil mit den Kindern wurde es ja nichts!), danach Trauerphase… daraufhin Neuorientierung, eine Ausbildung, und so geht es weiter. Das sind durchaus Lebensabschnitte und Übergänge, die nicht einfach “nichts” sind. Ich stehe nicht still. Es gibt sie, die Kreuzungen und Strassenschilder, und ich sehe auch die Kilometerangaben. Die Zahlen sind in Jahren hier vielleicht weniger wichtig als bei einem ersten, zweiten, dritten Kindergeburtstag. Dennoch sind sie da, die Meilensteine. Anders, aber nicht weniger wert. Und auf keinen Fall schlechter!
Das Leben kann auch ohne Kinder wunderschön, aufregend und sogar anstrengend ;-) sein. Ungeahnt können einem plötzlich scheinbar die besten Dinge “einfach so” in den Schoss fallen, wo man jahrelang anderen Träumen hinterhergejagt hat - ohne Erfolg. Was dankbar macht. Und demütig. Mir scheint, als hätten die inneren Umwälzungen der letzten Jahre das Äussere erreicht, wo sich jetzt vieles umkrempelt. Was wiederum Einfluss auf das Innere hat. Es braucht Kraft. Aber es geht alles sehr in die richtige Richtung. Ein bisschen fehlen mir noch die Worte. Vielleicht kann ich ein anderes Mal mehr darüber schreiben.
Ich weiss, jeder Weg ist anders. Jeder Mensch ist anders. Darum trauern wir verschieden lang, verschieden intensiv. Ich bin hier um zu sagen: gebt nicht auf! Euer Leben ist wert-voll. Ihr seht es vielleicht nur im Moment nicht. Ihr investiert möglicherweise gerade viel an Emotionen, das ist anstrengend. Trauern, wütend sein, frustriert sein, Abschied nehmen ist Arbeit für unsere Seele. Aber glaubt mir: diese Art von Arbeit zahlt sich aus!
Da ist noch etwas anderes, was ich inzwischen ziemlich praktisch finde. Es gibt ganz viele blöde kleine dumme Dinge im Leben, die mir nach der tiefen Trauer, die ich erfahren habe, völlig lächerlich und unwichtig vorkommen. Sie berühren mich nicht. Oder ich lasse mich schlicht nicht darauf ein. Ich fühle mich wie eine Kriegerin, die sich mit einer Ameise schlagen sollte. Diese Lebenskrise, die ich hinter mir habe, die war nicht lustig. Aber hey, ich bin immer noch da. Wäre ja gelacht, wenn ich mit den anderen Kleinigkeiten nicht klarkommen würde, nach all dem! Schliesslich habe ich mir unterwegs so einige Fähigkeiten angeeignet, die ich vorher noch nicht hatte. Sehr hilfreich!
Kennt Ihr solche Gedanken? Und was beschäftigt Euch gerade im Moment?
Foto: Elaine
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