Elaine ohne Kind

Ein spannendes Leben

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Gesellschaft, Leben

Von dem Gymnasium, das ich besucht habe, gibt es eine jährlich erscheinende Zeitschrift, die sehr gerne gelesen wird. Dies vor allem deshalb, weil die Ehemaligen immer wieder befragt werden und aus ihrem Leben berichten. Bereits während meiner Schulzeit fand ich es spannend, mitzuverfolgen, wie sich die Wege der älteren Jahrgänge entwickelten.

In der aktiven Kinderwunschzeit und im Abschied vom Kinderwunsch las ich das Heft kaum mehr. Ich zahlte den Mindestbeitrag für die Produktion der Publikation, weil ein Teil von mir wusste, dass ich das vielleicht später wieder interessant finden würde. In dem Moment aber war es nichts anderes als eine weitere Erinnerung an das, was ich nicht haben konnte. Die Meldungen über Mutter- und Vaterschaften häuften sich. Es war die Zeit, in der an Klassentreffen über Häuser, Rasenmäher und den besten Grill diskutiert wurde. Nein danke, darauf konnte ich verzichten!

Nun kam nach Jahren wieder mal die Aufforderung, etwas detaillierter aus unserem Leben zu berichten. Wohl etwa im Fünfjahresrhythmus werden spezifische Jahrgänge gezielt gefragt. Dieses Jahr waren wir also an der Reihe. Ich schrieb unserer Klassenkoordinatorin, ich hätte noch nichts eingereicht, da ich nicht die einzige sein wolle. Ob sie etwas beitragen würde?

Dann kam eine für mich überraschende Antwort. Sie meinte, sie würde nichts über sich schreiben, da ihr Leben doch langweilig wäre. Sie hat zwei Kinder, ein Haus und einen Teilzeitjob. Aber sie verfolge mit Freude meine künstlerischen Arbeiten auf Instagram – damit liessen sich doch Seiten füllen?

Das stimmte mich nachdenklich. Nun hat diese liebe ehemalige Klassenkameradin all das, was mir verwehrt geblieben ist – bis auf den Teilzeitjob ;-). Und sie denkt, das wäre langweilig… dabei bin ich mir sicher, dass auch der Versuch, Mutterschaft und Erwerbstätigkeit auf eine gute Art miteinander zu verbinden, herausfordernd sein kann! Auf jeden Fall nahm ich mir vor, ihr zu widersprechen und sie doch noch zum Schreiben zu bewegen.

Ich gebe zu, dass es auch etwas Heilsames hatte, ihre Aussensicht auf mein Leben wahrzunehmen. Sie weiss natürlich kaum etwas vom Schmerz und meiner inneren Arbeit der letzten zehn Jahre. Sie ahnt nicht, wieviel Kraft es mich gekostet hat, diesen Weg zu gehen. Dennoch: dass sie mein Leben als spannend betrachtet und davon lesen wollte, tat mir gut.

Foto: Elaine