Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Mittwoch

12

Juli 2017

Familienfeiern

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Gesellschaft

Dieses Jahr ist besonders reich an Familienfeiern. Während es manchmal jahrelang keine gibt, hatten wir im letzten Halbjahr schon drei davon. Drei!!! Nun muss ich sagen, dass ich mit der Familie meines Mannes sehr zufrieden bin (und mit meiner eigenen auch). Aber wenn dann sämtliche Onkel, Tanten, Cousinen, Cousins und all deren Kinder da sind, kann das doch auch eine Herausforderung darstellen.

Letzten Sonntag zum Beispiel. Da waren wir über fünfzig Personen - die Hälfte davon Kinder. Auch wenn die Feier an einem sehr geeigneten Ort stattfand - einem Paradies für Kinder mit Pool, grossem Trampolin, Sandkasten, Spielwiese und gar einem Tschutschu-Züglein, in das sie sich setzen konnten - war das Ganze anstrengend. Sehr. Im Vorfeld hatte ich mich noch gefragt, wie gut ich es vertragen würde, all diese Cousins und Cousinen meines Mannes zu treffen, die inzwischen Kinder haben. Es ging. Aber es war anders. Ganz anders als früher.

Früher war es nämlich so: man traf sich zu Weihnachten. Immer. Und erstaunlicherweise waren meist alle dabei. Weil das irgendwie so heimelig und gemütlich war und man die Tradition mochte. Man setzte sich bunt gemischt zu Tisch und führte oft ganz gute Gespräche. Damals hatte erst eine der vielen Cousinen und Cousins Kinder. Es war noch einigermassen überschaubar.

Heute treffen wir uns nicht mehr zu Weihnachten. Worüber ich sehr froh bin, da meiner Meinung nach diese Feiertage sowieso schon überladen sind. Aber da gibt es noch etwas anderes, was ebenfalls nicht mehr gleich ist: die vielen Kinder. Wenn es Essen gibt, setzen sich alle nach Familie geordnet an den Tisch, denn die Eltern müssen ja zu ihren Kleinen schauen. Da ist man so sehr beschäftigt, dass man erstens sowieso mit kaum jemandem sprechen kann und zweitens sitzt man ja auch noch innerhalb der eigenen Familie, also ist eine Unterhaltung sowieso unmöglich. Die Kinder sitzen dazwischen.

Zum Glück gibt es da noch zwei junge Cousinen ohne Kinder; mit denen konnten wir uns dann doch unterhalten. Später sassen die meisten Eltern aufgereiht neben dem Pool, um ein Auge auf ihre Kinder zu haben. Oder sie versuchten sie zum Schlafen zu bringen, indem sie den Buggy hin und her über das Areal stiessen. Auf jeden Fall waren die Eltern ziemlich unter sich. Ich gebe zu: ich hatte auch nicht sonderlich Lust darauf, mich an den lärmigen Pool zu stellen, um mich an der elterlichen Begeisterung für den Nachwuchs zu beteiligen. Also, ich war schon kurz da. Am Pool meine ich. Aber zu reden gab es da nicht viel. Ausser der Freude, dass der Sohnemann es gewagt hatte, vom Sprungbrett zu springen. Dazu brauchte es mich jedoch eigentlich nicht. Ich war tatsächlich irgendwie überflüssig.

Am Ende sprach ich mit meinem Schwiegervater, meiner Schwiegermutter und vielleicht drei oder vier anderen Personen. Ich war froh, als ich wieder gehen konnte. Es war eine Welt der Familien. Alles drehte sich um die Kinder. Was wohl normal ist. Aber da gehöre ich eben nicht dazu. Es geht mir heute gut: es schmerzte mich nur kurz, als ich die Kinder herumrennen sah und mir der Gedanke kam, dass meine eigenen jetzt hier nicht mit den anderen herumtollen. Diesen Gedanken verfolgte ich jedoch bewusst nicht weiter. Das kann ich heute. Früher wäre das noch nicht möglich gewesen. Da hatten mich manche Gedanken und Gefühle einfach übermannt.

Ich bin also meistens ganz zufrieden. Und doch. Es bestätigt einmal mehr, dass ich nicht so einfach mit dem “normalen” Fluss des Lebens gehen kann, den mein Umfeld erlebt. Mein Leben ist anders. Ich habe andere Interessen. Andere Lebensschwerpunkte. Dazu passt, dass ich langsam andere Leute kennenlernen, die meine Interessen teilen. Oder die sich zumindest für mich als Person interessieren, ganz ausserhalb irgendwelcher gesellschaftlicher Normen.

An der letzten Familienfeier dieser Verwandtschaftsseite hatte ich nicht teilgenommen. Da war ich in der akuten Trauerphase und hätte die vielen schwangeren Cousinen und kleinen Babys nicht ertragen. Heute geht das. Und doch ist es nicht einfach. Weil ich mich immer noch ein bisschen als Aussenseiterin fühle. Wird das irgendwann vergehen?

Ich bin froh, dass es solche Feiern im allgemeinen nicht häufig gibt. Für mich braucht es das nicht. Es macht schlicht keinen Sinn, sich geografisch stundenlang mit anderen Leuten am gleichen Ort aufzuhalten, wenn man sich dann gar nicht mit ihnen unterhalten kann. Ich war da. Meine Pflicht ist getan. Und hoffentlich habe ich jetzt wieder eine Weile lang Ruhe ;-).

Wie ist das bei Euch mit den Familienfeiern?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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