Fragen zur Trauer
von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Trauer, Schmerz, Tabu
Heute lasse ich mich von einer anderen Bloggerin inspirieren. Lisa aus den USA stellte auf ihrem Blog ein paar Fragen, die nach Mali auch mich ansprachen. Ich teile sie hier gerne mit Euch, weil ich der Meinung bin, dass man nie genug über das Tabuthema Trauer sprechen kann:
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Wie hat sich meine Trauer mit der Zeit verändert?
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Wie hat mich mein Verlust verändert?
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Auf welche Arten hat sich die Trauer nach aussen bemerkbar gemacht, auch wenn ich sie verstecken wollte?
Die erste Frage lässt sich leicht beantworten. Das ging von der alles durchdringenden, tiefen, tränenreichen Trauer am Anfang, in der ich fast nichts anderes sah als das, was ich nie haben würde, bis hin zu einem recht ausgeglichenen Leben, in dem hin und wieder traurige Momente vorkommen. Die akute Trauer war sehr anstrengend. Die sanftere, punktuelle Trauer, die ich jetzt immer seltener erlebe, ist hingegen gut zu ertragen. Manchmal überrascht sie mich, weil ich meine, jetzt sei “alles gut” und es das streng genommen nie sein wird. Dann nehme ich mir eben Zeit und lasse die Trauer zu. Insgesamt habe ich gelernt damit umzugehen. Mein Leben ist trotzdem auch reich und es gibt viele wunderschöne Momente. Da sind viele Facetten.
An der zweiten Frage gefällt mir, dass gar nicht erst gefragt wird, ob mein Verlust mich verändert hat. Auch wenn mein Verlust ein sogenannt “uneindeutiger Verlust” ist (niemand ist physisch nach aussen sichtbar gestorben), so ist doch eindeutig, dass er mich verändert haben muss. Eine gute Erinnerung an mich selbst, dass ich nicht wie früher sein muss (danke auch für deine Erinnerung, liebe D.!). Einerseits denke ich, dass ich toleranter und verständnisvoller geworden bin. Weil mir jetzt bewusst ist, dass sehr viele Menschen Schwieriges durchmachen oder erleben, ohne dass man davon weiss. Ich habe zudem gelernt, dass ich mir selbst Sorge tragen muss. Dass ich damit mein eigenes Wohlbefinden zu einem gewissen Grad auch selbst steuern kann. Und dass es mir, wenn ich genug Bewegung, frische Luft und Schlaf habe, sehr gut gehen kann, egal wie die Umstände gerade sind. Andererseits fühle ich mich auch etwas labiler. Denn wenn keine Zeit für meine Selbstfürsorgemassnahmen bleibt, dann kann es mir auch recht schnell weniger gut gehen, wie ich diesen Sommer merken musste. Und: womöglich hat mich das Ganze eine Spur ernster werden lassen. Manchmal wünschte ich mir etwas mehr Leichtigkeit!
Zur dritten Frage: Mir war in der akuten Trauerphase auf jeden Fall anzumerken, dass es mir nicht gut ging, selbst wenn ich es verstecken wollte. Meine Arbeitskollegen waren diskret genug, nichts zu sagen. Gemerkt hat man das wohl am Gesichtsausdruck, am fehlenden Schwung, vielleicht auch an meinem Gang. Als ich ihnen dann später erzählte, dass wir keine Kinder bekommen können, da meinten einige, sie hätten so etwas vermutet. Es gab Tage, da verschwand ich mehrmals aufs Klo, weil ich heulen musste und mein Arbeitsplatz keinerlei Privatsphäre bietet. An anderen Tagen war ich gegenüber meiner Familie wütend, weil sie unbedacht etwas “Falsches” gesagt hatten. Das bekamen meine Lieben dann auch zu spüren. Und sehr, sehr oft, gefror ich zu Stein, wenn ich gefragt wurde, ob ich Kinder habe, und hätte mich am liebsten unter dem Tisch verkrochen. Die Trauer ist so etwas Persönliches. Man fühlt sich enorm verletzlich. Und doch kann man sich damit nicht ganz verstecken. Kürzlich äusserte sich meine Trauer so, dass ich ein Patenkind mit deren Mutter und Schwester traf und dabei innerlich enorm distanziert war. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, war ich dann eine Weile lang total deprimiert. Weil ich mir eine gute Beziehung zu meinen Patenkindern wünsche und doch manchmal komplett blockiert bin. Ach, Geduld…
Wie würdet Ihr diese drei Fragen selbst beantworten?
Foto: Elaine
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