Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Mittwoch

14

August 2024

Gesammeltes Wissen

von Elaine, über Leben, Selbstfürsorge, Endometriose

Es gibt einiges, was ich vor dreissig Jahren gerne gewusst hätte. Ich bin mit sinnlosen Tabus und sehr viel Scham aufgewachsen, was meinen Körper angeht. Als die erste Regel eintraf, stopfte ich mir Toilettenpapier in die Unterhosen. Ich sagte meiner Mutter nichts davon; sie merkte es erst beim Sortieren der schmutzigen Wäsche.

Rückblickend macht mich traurig, wie wenig Wissen und Wertschätzung für den weiblichen Körper mir mit auf den Weg mitgegeben wurde. In der patriarchalen Leistungsgesellschaft ist der Zyklus ein störendes Element. Die monatlichen Schmerzen, Krämpfe und Schweissausbrüche waren ein Problem. Als meine Mutter mit mir deswegen zum Hausarzt ging, gab er mir ein schwaches Schmerzmittel. Er sagte, Schmerzen während der Periode wären normal. Es gäbe da eine sehr seltene Krankheit, aber die hätte ich sicher nicht.

Wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt, half das schwache Mittel nicht. Diese Erfahrung führte dazu, dass ich für lange Zeit nicht wieder wegen Zyklusbeschwerden zum Arzt gehen sollte. In die Apotheke, ja. Dort besorgte ich mir jeden Monat, was ich brauchte. Während meines Studiums empfahl mir eine Apothekerin Ibuprofen, und dieses sollte zu meinem treuen Begleiter werden. Ich wusste, dass ich mit der Pille weniger Beschwerden haben würde, aber ich sagte mir, dass ich lieber an drei bis vier Tagen im Monat Medikamente nehme als jeden Tag. Das war meine Art, damit umzugehen.

Zwanzig Jahre später, verheiratet, aber ungewollt kinderlos, unterzog ich mich diversen Untersuchungen und Behandlungen. Es wurde Endometriose festgestellt und operiert. Ein Jahr lang spritzte ich mir Hormone und war ständig in der Klinik in der Hoffnung, dadurch schwanger werden zu können.

Wie Ihr wisst, klappte es nicht. Am Ende sagte man mir, ich müsse Hormone nehmen, um die Endometriose im Schach zu halten, aber das brachte ich nicht übers Herz. Ich wollte die Tür gegenüber meinen Wunschkindern nicht aktiv schliessen. Doch die Schmerzen wurden immer schlimmer. Vielleicht hatten all die künstlichen Hormone der Kinderwunschbehandlung die Endometriose stärker werden lassen? Jedenfalls kam ich nach zwei Jahren schmerztechnisch derart an die Grenzen, dass auch ein starkes verschreibungspflichtiges Schmerzmittel nicht mehr reichte.

Schweren Herzens nahm ich Hormone. Zuerst ein Medikament speziell für die Endometriose. Doch ich mochte dessen Nebenwirkungen nicht. Nach weiteren zwei Jahren stellte ich auf eine “normale” Minipille um.

Seit der Kinderwunschbehandlung litt ich unter Schlafstörungen, die einfach nicht mehr weggehen wollten. In meinem Sabbatical fasste ich nach einem Blick in die Packungsbeilage den Mut, die Hormone abzusetzen und die Ernährung umzustellen in einem Versuch, die Endometriose so unter Kontrolle zu halten.

Es funktionierte. Während des Sabbaticals kam ich praktisch ohne Schmerzmittel aus. Ich las und schaute alles, was ich zum Thema Frauengesundheit und Ernährung finden konnte. Ich bin noch nicht am Ende dieser Reise, aber ich habe doch schon einiges an Wissen angesammelt, das ich gerne mit Euch teile.

Was hätte ich also vor dreissig Jahren gerne gewusst?

Zum Beispiel, dass ich den Schmerzen nicht ausgeliefert bin. Dass es natürliche Mittel wie Tees und eine angepasste Ernährung gibt, die tatsächlich helfen. Die Prostaglandine, das sind die krampfauslösenden Hormone, sollten nur während der ersten beiden Zyklustage für leichte Schmerzen sorgen (wenn überhaupt). Danach sollte es nicht mehr weh tun! Die Prostaglandine reagieren auf Histamin. Das bedeutet, dass ich während der Menstruation möglichst auf histaminhaltige Lebensmittel verzichte. Während des restlichen Zykluses ist mir das Histamin aber egal. Vor allem verzichte ich während der Periode auf Tomaten, Bananen und Zitrusfrüchte. Konservendosen kaufe ich aufgrund des Histamins gar nicht mehr. Wenn Konserven, dann im Glas. Zudem trinke ich viel Frauenmanteltee, der ebenfalls gegen die Krämpfe hilft. Wenn die Blutung zu stark ist, helfen mir Hirtentäschchen- und Schafgarbentee.

Seitdem ich wieder berufstätig bin, schaffe ich es nicht mehr, die antientzündliche Ernährung konsequent durchzuziehen. Ich esse hin und wieder Zucker und Gluten (Dinkel oder Roggen), aber deutlich weniger als früher. Dafür gibt es häufiger Kartoffeln, Süsskartoffel, anderes Wurzelgemüse und Reis, zum Frühstück meist Hafer, Hirse, Amaranth, Beeren oder saisonale Früchte. Zum Naschen Nüsse, Früchte oder Trockenfrüchte. Wenn ich daheim bin und Lust auf Süsses habe, mache ich mir im Sommer einen Smoothie aus reifen Bananen, Beeren und Hafermilch. Datteln habe ich fast immer im Haus (oder unterwegs 2-3 Stück in der Handtasche) als “Notfallsnack” bei grosser Lust nach Süssem. Ich weiss, was mir gut tut: so viel Omega 3-Fettsäuren wie möglich und entzündungshemmende Elemente wie Grüntee, Kurkuma, Ingwer, viel Gemüse und Salat. Im Winter mag ich Suppen und Eintöpfe besonders gerne. Verbote sind nicht lustig. Es macht mehr Spass, wenn ich versuche, meinem Körper möglichst viel von dem zuzuführen, was ihm gut tut, ohne mir etwas zu verbieten. Dennoch esse ich kaum mehr Schweinefleisch, Wurstwaren und rotes Fleisch; alle drei sind entzündungsfördernd. Milch und Weizen vertrage ich ja ohnehin nicht mehr. Kleine Mengen Joghurt und Käse gehen zum Glück noch.

Was auch gegen Krämpfe hilft: die Schmetterlingsposition. Wenn ich zu Hause bin und Krämpfe habe, lege ich mich auf den Rücken, lege die Fusssohlen gegeneinander und klappe die Knie nach aussen. Ähnlich wie im Schneidersitz, nur im Liegen. Das entspannt den Beckenboden und wirkt bei mir ähnlich gut wie ein Schmerzmittel. Wenn ich arbeite oder unterwegs bin, greife ich je nachdem zu Ibuprofen, aber ich dosiere es wesentlich schwächer als früher. Sowohl im Atelier als auch im Büro habe ich eine kleine Büchse mit getrocknetem Frauenmanteltee aus dem Garten. Wenn ich ihn im Sommer ernte und trockne, freue ich mich jedes Mal über dieses Geschenk der Natur!

Bei Endometriose ist das Hormongleichgewicht gestört. Man spricht von einer Östrogendominanz, weil im Verhältnis zu wenig Progesteron vorhanden ist. Das Progesteron ist das Hormon der zweiten Zyklushälfte und wirkt unter anderem beruhigend. Kürzlich erfuhr ich, dass eine Gelbkörperschwäche daran zu erkennen ist, dass die Regel mit einer Schmierblutung beginnt. Was bei mir eigentlich schon immer der Fall war. Nur kam meine Gynäkologin nie auf die Idee, die Hormone wieder ins Gleichgewicht bringen zu wollen. Dafür ist sie wohl nicht ausgebildet. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass jüngere Generationen von Frauenärztinnen irgendwann besser Bescheid wissen werden.

Der Progesteronmangel kann zu stärkeren PMS-Symptomen führen: Brustspannen, Schlafproblemen, Reizbarkeit, Rückenschmerzen. Dank der Empfehlung einer lieben Blogleserin stiess ich vor ein paar Jahren auf Rabea Kiess, die ganz viel Hormonwissen vermittelt. Von ihr habe ich gelernt, mich in der zweiten Zyklushälfte mit einem Vitamin B-Komplex, Vitamin E, Mariendistel und Rosenwurz zu unterstützen. Die letzten beiden helfen dem Körper, das überschüssige Östrogen besser abbauen zu können. Seitdem ich diese Nahrungsergänzungsmittel zu mir nehme, habe ich keinerlei Brustschmerzen mehr vor der Regel! Und die waren bei mir früher richtig schlimm.

Was ich auch mache, jedoch nicht konsequent: “Seed Cycling”. In der ersten Zyklushälfte gebe ich Kürbiskerne und geschrotete Leinsamen auf mein Müsli, in der zweiten gemahlenen Sesam und Sonnenblumenkerne. Diese enthalten die Bausteine, die mein Körper in der jeweiligen Zyklushälfte braucht.

Zudem meide ich wenn möglich Plastik, weil er hormonaktive Stoffe enthält, sowie herkömmliche Crèmes und Salben. Im Alltag ist eine Trinkflasche aus Metall meine ständige Begleiterin. Die Plastikbehälter zum Aufbewahren von Essensresten habe ich grösstenteils durch Glas ersetzt. Tampons verwende ich ebenfalls nur noch selten, weil die enthaltenen Chemikalien (Bleichmittel u.ä.) direkt über die Schleimhäute aufgenommen werden können.

Im Kontext der Hormone kann es sich auch lohnen, je nachdem auf sein Stressmanagement zu achten. Die Stresshormone bestehen aus den gleichen Bestandteilen wie die Sexualhormone. Dreimal dürft Ihr raten, was der Körper priorisiert, das Überleben oder die Reproduktion? Natürlich ist es immer wichtiger, dass wir vor dem Tiger davonrennen können, als dass wir schwanger werden. Und so kann es leicht geschehen, dass unsere Sexualhormone aus dem Gleichgewicht geraten.

Ich persönlich glaube, dass ich mir im Schulsystem eine Art Stresshormonsucht angeeignet habe. Weil ich Angst vor schlechten Noten hatte, war ich hypermotiviert, auf Prüfungen zu lernen und hatte gute Noten. Ich merkte: wenn ich mich selbst stresse, bin ich erfolgreicher. Der Sympathikus, der Teil unseres Nervensystems, der auf Kampf oder Flucht ausgerichtet ist, ist dadurch vermutlich völlig “übertrainiert”, so dass ich heute im Gegenzug versuche, den Parasymphatikus zu stärken, der für Entspannung, Verdauung, Schlaf, Erholung und Regenerierung zuständig ist. Vielleicht habt Ihr auch schon vom Vagus-Nerv gehört. Wenn nicht, dann lohnt es sich, mal danach zu googeln. Es gibt viele sehr einfache Übungen, die einem dabei helfen können, zur Ruhe zu kommen: Ohren massieren, singen, summen, Links-Rechts-Bewegungen mit den Augen… ich find’s super spannend :-)!

Vielleicht klingt das jetzt alles nach ein bisschen viel? Ich habe die Dinge über mehrere Jahre verteilt ausprobiert und mache auch nicht immer alles aufs Mal. Falls Ihr etwas davon umsetzen möchtet: fangt mit etwas ganz Kleinem an, das Euch nicht zu schwierig scheint. Wenn das gut funktioniert, fügt etwas weiteres dazu. Auf Dauer erreicht man so mehr, als wenn man krasse Umstellungen macht, die man dann nicht lange durchhält :-).

Als Nächstes stehen die Wechseljahre ins Haus. Vor ihnen habe ich einen gehörigen Respekt, da familiär bedingt eine Hormonersatztherapie für mich wohl kaum in Frage kommen wird – zu viele meiner Verwandten sind in den letzten Jahrzehnten an Krebs gestorben. Also halte ich weiterhin Ausschau nach Informationen über alternative und natürliche Mittel, die ich finden kann. Bis jetzt habe ich gehört, dass Maca-Pulver gut sein soll, Grüntee und wiederum Leinsamen und Frauenmantel. Ich bin gespannt, was ich noch herausfinde :-)!

Wie erging es Euch mit dem Wissen rund um den weiblichen Körper? Seid Ihr von Eurer Mutter oder weiblichen Bezugspersonen gut informiert und mit hilfreichem “Werkzeug” ausgestattet worden? Wenn ja, mögt Ihr hier etwas davon mit uns teilen? Oder wurdet Ihr ähnlich wie ich ahnungslos auf die Zyklusreise geschickt?

Ich freue mich, von Euch zu lesen!

Herzlich,
Eure Elaine


PS: Spannendes zum Thema Ernährungsmedizin und Endometriose findet Ihr bei den Ernährungs-Docs, z.B. auch hier. Immer wieder gibt es Mut machende Beispiele von Frauen, die wie ich dank einer Ernährungsumstellung ihre Schmerzen reduzieren und eine bessere Lebensqualität erreichen konnten.

PS2: Zum Thema “zyklisches Leben” las ich vor einigen Jahren dieses Buch. Es gibt auch eine Fernsehsendung mit Josiane Hosner, der Autorin (deutsche Untertitel via das Zahnrad).

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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