Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Montag

17

Oktober 2016

Neugeborene und die Trauer

von Elaine, über Abschied vom Kinderwunsch, Ungewollte Kinderlosigkeit, Trauer, Hoffnung

Gestern haben wir die Schwägerin und ihre Familie besucht. Sie hat kürzlich ihr drittes Kind geboren.

Mit älteren Kindern, solchen, die laufen und reden können, komme ich inzwischen recht gut klar, auch wenn ich es (noch) anstrengend finde, Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich kann es trotzdem auch geniessen. Wieder geniessen. Babys sind eine ganz andere Geschichte.

Gestern kam ein Moment, in dem das Baby schrie, und die Schwägerin war nicht da. Sie musste kurz etwas draussen erledigen. Also nahm ich das Kind aus seiner Babywippe, worauf es sofort ruhig wurde. Im Moment merkte ich es nicht, aber später wurde mir bewusst, wie sehr mich das emotional anstrengte.

Mein Mann meinte später, ich hätte das Baby ja nicht hochzunehmen brauchen. Ich hätte die Schwägerin auch rufen können. Aber so geht das nicht bei mir. Mein Instinkt funktioniert schliesslich einwandfrei. Oder vielleicht müsste ich sagen: wieder einwandfrei. Wenn ein Kind schreit, das zur Familie gehört, dann nehme ich es hoch. In diesem Fall war es befriedigend, weil das Baby sich sofort beruhigte.

Auf dem Heimweg spürte ich sie dann ganz deutlich, die Trauer. Ich habe meine Pläne für den Abend sausen lassen, zündete stattdessen eine Kerze an und hörte etwas Musik.

Irgendwo habe ich vor einiger Zeit gelesen, dass wir mit unserer eigenen Mütterlichkeit unser inneres Kind trösten können. Ein paarmal habe ich das nun schon ausprobiert mit dem inneren Selbst-Trösten. Ich stelle mir dann vor, wie mein mütterliches Ich mein kindliches Ich im Arm hält und hin- und herwiegt. Ich versuche mir selbst in dem Moment den Raum und Trost zu geben, den ich brauche. Und es funktioniert ein Stück weit.

Das ist natürlich kein Zaubertrick. Ich kann nicht mit den Finger schnippen und - zack - bin ich wieder fröhlich. Es blieb ein ruhiger, trauriger Abend. Aber die Trauer ist mir mittlerweile vertraut. Sie macht mir keine Angst mehr. Und - das schreibe ich jetzt für Euch alle, bei denen es vielleicht (noch) anders ist - nach ungefähr zwei Stunden verabschiedete sich die Trauer auch wieder. Als ich zu Bett ging, war ich zwar sehr müde. Emotionen machen müde. Aber es ging mir gut. Und ich schlief gut. Fortschritte.

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

Um anonym zu kommentieren: Kommentar schreiben, Pseudonym und E-Mail in die Felder eintragen und bei "Ich möchte lieber als Gast schreiben" das Häkchen setzen.