Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Freitag

27

April 2018

Souvenirs

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Reproduktionsmedizin

Wer mich hier in letzter Zeit gelesen hat, weiss, dass ich mittlerweile sehr der Meinung bin, es gehe mir gut. Und das stimmt wohl auch objektiv gesehen. Und doch.

So ganz abschütteln kann ich die aktiven Kinderwunschjahre nicht. Ich trauere nicht mehr akut. Mein Leben ist ausgefüllt. Aber einige Dinge sind anders, seit wir erfolglos versucht haben schwanger zu werden.

Am augenfälligsten sind natürlich die körperlichen Narben von der Operation vor vier Jahren. Und die paar Kilo mehr, die ich bis jetzt nicht wieder losgeworden bin. Für mich sind sie jedoch nicht das einschneidenste.

Da ist zum Beispiel diese Nervosität, die in der Behandlungszeit anfing. Meist zu völlig absurden Zeiten, abends beim Zähne-Putzen etwa. Damals ging es bis zum Herzrasen abends im Bett. Eines der Warnzeichen dafür, dass ich meine Grenzen überschritten hatte.

Herzrasen hatte ich jetzt zum Glück schon lange keines mehr. Aber diese Anspannung? Die ist geblieben. Nicht ständig. Aber es kommt öfter vor, dass ich morgens viel zu früh erwache, weil mein Bauch völlig angespannt ist. Absolut grundlos, würde man meinen, weil mir in letzter Zeit keine Prüfungen oder andere stressige Termine bevorstanden. An Schlaf ist dann nicht mehr zu denken. Mein Bauch ist angespannt, also bin ICH angespannt. Manchmal passiert mir das auch am Abend, wenn ich eigentlich schlafen möchte. Meine Osteopathin sagte mir damals, dagegen könne ich nicht viel tun, weil dies durch das vegetative Nervensystem gesteuert würde. Mit dem Kopf kann ich das also nicht beeinflussen. Es hilft nichts, wenn ich mir selbst sage, dass alles in Ordnung ist und ich nicht aufgeregt zu sein brauche. Dagegen ist der Bauch immun.

Ich habe mich schon gefragt: Vielleicht ist es eine Art Körpererinnerung? An die Operation, zahllose Untersuchungen, Hormonspritzen und sehr viel Druck, der auf ihm, dem Unterleib, lastete, ohne dass er die Zeit gehabt hätte, sich von der Operation zu erholen? Ich glaube, mein Bauch hat eine Art posttraumatische Belastungsstörung. Kann das sein?

Weiter wäre da mein Urvertrauen, das erschüttert wurde. Glaubenssätze, die abgestreift wurden. Das Denken, das Leben sei irgendwie fair, das mir komplett abhanden gekommen ist. Ich glaube nicht mehr so leicht. Weil das, wofür ich geglaubt hatte, nie eingetroffen ist.

Es geht noch viel weiter bis dahin, dass ich als Mensch in mancherlei Hinsicht nicht mehr dieselbe bin wie früher. Was für mich in Ordnung ist, aber doch recht tiefgreifend. Und eigentlich viel mehr als nur ein Souvenir.

Wie ist das bei Euch?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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