Elaine ohne Kind

Über den Abschied vom Kinderwunsch und das Leben danach

Samstag

24

Juni 2017

Über das Vergleichen

von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Heilsam, Weisheit

Mein Leben ist anders als geplant. Es unterscheidet sich ausserdem auch sehr von dem der meisten meiner Mitmenschen. Ihr Leben dreht sich oft um die Familie, um die Kinder. Meines nicht.

Am Anfang, als die ungewollte Kinderlosigkeit noch stark schmerzte, drängte sich mir der Vergleich richtiggehend auf: die haben, was ich nicht haben kann. Die Geburtsanzeigen flatterten fast wöchentlich ins Haus, und es gab kaum eine Kollegin, Freundin, Schwester, Cousine (etc.), die nicht gerade schwanger war, ein Kind bekommen oder schon mehrere Kinder hatte. So war das bei mir. Ständig knallte mir ins Gesicht, was ich nicht hatte. Ich musste den Vergleich nicht mal suchen. Er war einfach da. Und er tat weh.

Ich musste betrauern, was ich nie haben werde. Und dann, nach und nach, habe ich mich neu ausgerichtet. Wenn mir eine gute Freundin ihr Leid klagte als junge Mutter, dann wurde mir mit der Zeit klar, dass bei ihr auch nicht einfach alles rosa ist, nur weil sie Kinder hat. Am Anfang - da bin ich ehrlich - dachte ich manchmal, sie sollte ein wenig dankbarer sein für das, was sie hat. Weil es ja nicht selbstverständlich ist. Bei allen Bemühungen um gegenseitiges Verständnis prallten da immer wieder Welten aufeinander. Sie musste lernen, nicht allzu sehnsüchtig nach meiner Freiheit zu schielen. Nach ruhigen Nächten und erholsamen Sonntagen. Ich durfte lernen, dass ein Leben auch ohne Kinder ein schönes sein kann. Dass nicht meine Freundin alles hat und ich nichts. Denn ich habe sehr viel. Nur eine Sache eben nicht. Aber das ist nicht alles im Leben. Noch heute kommt es hin und wieder vor, dass wir uns gegenseitig daran erinnern müssen: Unser Leben ist anders. Es bringt nichts, das zu vergleichen. Du hast deine Herausforderungen und ich habe meine.

Was inzwischen alles einfacher macht, ist das Gefühl, so langsam mein eigenes Leben zu finden. Nicht mehr hilflos vor den Trümmern meiner Träume zu stehen. Mein Leben fühlt sich inzwischen gut an. Sinnvoll. Auch wertvoll. Ich habe wieder eine Perspektive. Wenn ich meine Freundin anfangs noch fast um ihre schwierigen Nächte mit kleinen Kindern benied - Schlafprobleme hatte ich nämlich damals auch, und zwar heftige, aber im Unterschied zu ihr keine Kinder! - so sind diese Gefühle inzwischen verflogen. Aber das hat ein wenig Zeit gebraucht. Heute sehe ich die Privilegien, die ich habe. Und ich bin dankbar dafür. Aber das war nicht von Anfang an so!

Wie geht es bei Euch so mit dem Vergleichen? Drängt es sich Euch (noch) auf? Oder könnt Ihr stehen lassen, was anders ist?

Foto: Elaine

Elaine

lebt in der Schweiz. Sie liebt die Natur, besonders im Frühling. Sie mag Spaziergänge, Wanderungen, die Berge, das Meer, Bücher, Kunst, Flohmärkte, Brockenhäuser.

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