Wie ein Hampelmann
von Elaine, über Ungewollte Kinderlosigkeit, Gesellschaft
Die Dinge haben sich verändert. Zum Glück! Es geht mir jetzt meistens gut. Die Trauer klopft nur noch selten an. Ihre Besuche sind zudem deutlich angenehmer als noch vor einem halben Jahr oder einem Jahr. Trotzdem gibt es immer noch Momente, die mich daran erinnern, dass ich eben eine Frau ohne Kind bin.
Obwohl die Menschen mit Kindern in meinem engeren Umfeld meist einfühlsam sind, kommt es durchaus auch vor, dass sie mich nerven. Und dass ich mich irgendwie… zweitklassig fühle. Ein solches Beispiel ist kürzlich passiert:
Eine liebe Cousine und ich suchten einen Termin - ich wollte sie und ihre Kinder gerne wieder einmal sehen. Und sie mich. In der Regel - das weiss ich aus Erfahrung - ist es für die Familien einfacher, wenn ich und mein Mann zu ihnen gehen, aus Gründen der Infrastruktur. Die Kinder haben dort ihr eigenes Zimmer und ihre gewohnten Spielsachen. Auch ist alles nötige Zubehör wie Kindergeschirr etc. vorhanden. Daher schlug ich auch genau das vor, aber meine Cousine wollte unbedingt uns besuchen. Die weite Fahrt mache ihnen nichts aus, das sei kein Problem. Okay. Mein Mann und ich waren etwas überrascht, denn das ist ungewöhnlich. Aber wir reservierten uns das Datum. Weit im Voraus. Wir diskutierten über Menüpläne, überlegten, was die Kinder wohl gerne essen, und wie wir sämtliche Allergien berücksichtigen und trotzdem etwas Leckeres zaubern könnten. Je nachdem ist das gar nicht so einfach! Auch um die Unterhaltung der Kinder machten wir uns Gedanken. Am Ende fanden wir eine Lösung für alles. Zwei Tage vorher kaufte ich ein und freute mich.
Dann kam die erste Nachricht: sie hätten die letzte Woche etwas zu voll gepackt und ihnen sei jetzt alles zu viel. Ob wir nicht doch lieber zu ihnen kommen wollten? Ich antwortete, das sei etwas unglücklich, da unser Kühlschrank bereits vollgepackt sei mit Sachen für sie, in Mengen, die mein Mann und ich unmöglich zu zweit bewältigen können… und da waren auch noch ein paar andere Umstände, die es für uns mühsam gemacht hätten, zu ihnen zu fahren. Wir haben nämlich auch ein ausgefülltes Leben, obwohl wir keine Kinder haben!
Okay, schrieb die Cousine. Dann fahren wir doch zu Euch. Kein Problem. Es schien alles gut.
Am besagten Tag stellte ich den Wecker früh - es musste noch manches aufgeräumt und geputzt sein, und um 10 Uhr wollte ich mit dem Kochen beginnen. Um 8.30 Uhr kam wieder eine Nachricht. Es war eine Absage. Eine, für die ich wohl Verständnis aufbringen konnte, obwohl es sich im Grunde um eine Fehlplanung meiner Cousine handelte. Und doch nervte es mich auch. Wieso müssen WIR uns immer anpassen? Manchmal komme ich mir schon etwas vor wie ein Hampelmann. SIE wollen zu uns kommen, okay. Also richten wir uns danach. Die Kinder essen nur das und das. Also passen wir uns an und erfinden ein entsprechendes Menü. Am Ende sagen sie uns ab, und auch danach müssen wir uns richten. Kurzfristig.
Was ist mit unserem Leben, unseren Befindlichkeiten? Zählen die denn überhaupt nicht? Sind wir auf ewig dazu verdonnert, ganz hinten anzustehen? Uns ständig anzupassen, ohne Rücksicht auf unseren eigenen Terminplan?
Ganz ehrlich: ich habe nicht Lust, mich so bald wieder bei dieser Cousine zu melden. Oder einen neuen Termin mit ihr zu suchen. Denn ich fühle mich von ihr verschaukelt. Weil ich doch noch explizit nachgefragt hatte, ob die weite Fahrt ihnen nichts ausmache. Die ganze Vorbereitung - für nichts. Gesetzt der Fall, wir fänden ein neues Datum… dann könnte es ja sein, dass im letzten Moment wieder eine Absage kommt? Dass wir dann wieder dasitzen mit einem Kühlschrank voller Ware, die uns entweder vergammelt oder nach ein paar Tagen zu den Ohren heraushängt? Ganz abgesehen davon, dass wir für dieses Wochenende anderen Freunden eine Absage gegeben hatten, weil wir ja vermeintlich verplant waren…
Was ist also mit dem Kontakt zu dieser Cousine? Wird er sich irgendwann einfach in Luft auflösen? Denn das hier sind beileibe keine förderlichen Umstände…
Fragen über Fragen. Kennt Ihr das auch? Oder habt Ihr dieses Problem nicht?
Foto: Elaine
NÄCHSTER ARTIKEL
Oktober-Glück
Um anonym zu kommentieren: Kommentar schreiben, Pseudonym und E-Mail in die Felder eintragen und bei "Ich möchte lieber als Gast schreiben" das Häkchen setzen.